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Deutscher Pass im Höhenflug: Einbürgerungs-Rekord jagt den nächsten
Berlin (dts) – In Deutschland sind 2024 so viele Ausländer eingebürgert worden wie noch nie seit Beginn einheitlicher Erhebungen im Jahr 2000. Das geht aus Daten von 13 Bundesländern vor, über die die „Welt am Sonntag“ berichtet.
Demnach erhielten im vergangenen Jahr in diesen Ländern insgesamt 249.901 Menschen den deutschen Pass. 2023 waren es deutschlandweit noch 200.095 Personen, was schon damals ein Rekordwert war. Mehrere Länder teilten die zum Teil vorläufigen Daten auf Anfrage mit, einige hatten sie bereits in den vergangenen Tagen veröffentlicht. Keine Gesamtzahlen nannten Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein.
„Mit dem neuen Staatsbürgerschaftsrecht ist die Zahl der Anträge auf Einbürgerung deutlich gestiegen, denn die Einbürgerung ist jetzt grundsätzlich schon nach fünf Jahren Aufenthalt in Deutschland möglich“, sagte Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, der „Welt am Sonntag“. „Viele Menschen, die bei den großen Fluchtbewegungen in den Jahren 2015 und 2016 zu uns gekommen sind, stellen jetzt Anträge oder haben es schon getan.“
Hinzu komme, dass die bisherige Staatsbürgerschaft nicht mehr in jedem Fall aufgegeben werden müsse. Auch das motiviere mehr Menschen, die deutsche Staatsbürgerschaft zu beantragen. Laut den Daten mehrerer Länder ließen sich vor allem syrische und türkische Staatsangehörige in großer Zahl einbürgern. Die Betroffenen lebten dabei oft länger im Land als rechtlich notwendig. So meldete Baden-Württemberg, dass die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der Eingebürgerten 14,1 Jahre betragen habe.
Sogenannte Turbo-Einbürgerungen nach drei oder vier Jahren Aufenthalt kamen hingegen in der Praxis kaum vor. Acht Länder nannten der „Welt am Sonntag“ entsprechende Zahlen. Rheinland-Pfalz zählte demnach 20 solcher Einbürgerungen, Baden-Württemberg 16, Niedersachsen vier, Hamburg drei, Thüringen „weniger als drei“, Bremen null. In Brandenburg meldeten acht von 17 Einbürgerungsbehörden dem Innenministerium, dass es bei ihnen keine Einbürgerungen unter fünf Jahren Aufenthalt gegeben habe. Nur Berlin registrierte mit 382 beschleunigten Einbürgerungen eine dreistellige Zahl.
„Die Turbo-Einbürgerungen sind ein schönes Beispiel dafür, dass reine Symbolpolitik allein eben nicht zwingend auch mit der konkreten Lebenswirklichkeit übereinstimmen muss“, sagte der Präsident des Deutschen Landkreistags, Achim Brötel (CDU), der „Welt am Sonntag“. „Die Anforderungen insbesondere an eine eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts und die erforderlichen Deutschkenntnisse sind aus guten Gründen sehr hoch. Und: Das müssen sie auch künftig bleiben. Schließlich soll die Einbürgerung ja so etwas wie der Schlussstein einer gelungenen Integration sein.“ Insofern begrüße man es „ganz ausdrücklich, dass jetzt wieder mehr Realitätssinn einkehren soll“.
Die Ampel-Koalition hatte die beschleunigten Einbürgerungen erst Ende Juni 2024 eingeführt. Seitdem können Ausländer bereits nach drei oder vier Jahren eingebürgert werden, wenn sie neben allen sonstigen Voraussetzungen zusätzlich „besondere Integrationsleistungen“ vorweisen können, etwa besonders gute schulische oder berufliche Leistungen oder ehrenamtliches Engagement.
Die schwarz-rote Koalition möchte die Regelung aber wieder abschaffen. Das Kabinett beschloss am Mittwoch einen entsprechenden Gesetzentwurf. Man beseitige damit „einen Pull-Faktor“, der eine entsprechende Anziehungskraft für eine Reise nach Deutschland ausgeübt habe, sagte Innenminister Alexander Dobrindt (CSU).
Foto: Menschen auf der Straße (Archiv), via dts Nachrichtenagentur
